Der erste Teil war schon gespickt mit Essentials, die Ihre Website CO2-ärmer und schneller machen. Jetzt schauen wir uns die sozialen Aspekte eines nachhaltigen Webauftritts an und machen damit die Sache rund.
Datensouveränität und Datenschutz
Kleines Gedankenexperiment: Ich bitte Sie, mich mal eben auf Ihren Rechner zu lassen. Sie können dabei weiter arbeiten, Mails schreiben oder Ihre Bankgeschäfte erledigen. Ich will mich nur mal ein bisschen bei Ihnen umsehen und einen Eindruck von Ihrem Leben und Ihren Vorlieben gewinnen, vielleicht ein paar Ideen für mein nächstes Business gewinnen, vielleicht an Ihnen ein paar Vertriebstools austesten. Keine Sorge: Sie werden absolut nichts von mir mitbekommen, versprochen! Uuund? Würden Sie mir Zugang gewähren? Wohl nicht! Warum gewähren Sie ihn dann anderen Datenkraken wie Facebook und Google?
Datensouveränität – etwas sperriger „informationelles Selbstbestimmungsrecht“ – bedeutet eine selbstbestimmte Kontrolle über die Erhebung, Speicherung und Nutzung der eigenen Daten. Diese Kontrolle bezieht sich sowohl auf meine Daten als Privatperson als auch auf die meines Unternehmens. Damit geht Datensouveränität noch einen Schritt weiter als Datenschutz, der gesetzlich (nur) die persönlichen Daten regelt und Missbräuche verhindern soll.
Souveränität erlange ich jedoch nur durch Transparenz. Deshalb muss für mich als Nutzer erkennbar sein, a) wer wann meine Daten wie erhebt und b) welche Daten ich wann und wo preisgeben möchte. Das könnten wir alle bei den Unternehmen, deren Seiten wir besuchen und bei denen wir die Cookie-Banner wegklicken, erfahren. Doch ehrlicherweise nehmen sich die wenigsten von uns die Zeit dafür. Oft reicht es schon aus, dass diese Banner so programmiert sind, dass man nur auf Umwegen „alle ablehnen“ kann – und so lassen wir aus Bequemlichkeit gewähren.
Dass meine Seite DSGVO-konform ist, ist für mich also keine rein rechtliche Frage, sondern eine des Selbstbestimmungsrechts, wonach jeder User die Freiheit haben muss, ungestört, unbeobachtet und ohne Sorge vor Diebstahl der Identität, und seien es auch nur Fragmente von ihr, meine Inhalte lesen zu können. Deshalb gibt es bei mir nichts anzunehmen oder umständlich wegzuklicken.
Kompensation
Mit all den technischen Kniffen ist meine Website schon deutlich CO2-armer als die meisten anderen. Gänzlich emissionsfrei bekomme ich sie nicht. Deshalb habe ich ein Klima-Abo bei ForTomorrow abgeschlossen, das ich teilweise sogar steuerlich wieder absetzen kann. Mir gefällt das Geschäftsmodell, bei dem für Summe X einfach entsprechende CO2-Zertifikate stillgelegt werden. ForTomorrow agiert also wie ein normaler Akteur im Emissionshandel und kauft Zertifikate ein. Die Berliner gGmbH nutzt diese Zertifikate aber nicht. Auf diese Art wird das System ein klein wenig gehackt, denn was aus dem Markt entnommen wird, reduziert automatisch die real noch möglichen Emissionen.
Damit den gesamten Markt stillzulegen, funktioniert aber nicht, falls bei Ihnen jetzt diese Frage auftaucht ;-). Das Modell richtet sich an Privatpersonen und Kleinbetriebe, die insgesamt gar nicht das nötige Volumen aufbringen würden. Zumal der europäische Emissionshandel auch ein wirkungsvolles Instrument ist, das wir nicht sabotieren sollten. Für Großbetriebe wäre es auch zu teuer. Welche Formen des Offsettings für sie besser geeignet sind und was überhaupt sinnvoll ist, erkläre ich in einem meiner nächsten Beiträge.
Gemeinwohlorientierung
Wie der Datenschutz gehört auch die Gemeinwohlorientierung zur Nachhaltigkeit in der Digitalisierung. Gemeinwohlorientiert bedeutet, dass Digitalisierung nicht nur anders, sondern auch von anderen gestaltet wird. Kooperative Plattformen sind ein Beispiel dafür und in einem späteren Beitrag stelle ich das Prinzip noch umfangreicher vor.
Für meine Website bedeutet Gemeinwohlorientierung, dass ich mich für eine Open-Source-Anwendung entschieden habe. Open Source bedeutet, dass der Quellcode (also der Bauplan) von jedem öffentlich eingesehen, genutzt, verändert und auch repariert werden kann. WordPress ist OpenSource Software und offen zugänglich sowie die meisten WordPress Plugins die es dafür gibt und die ich nutze. Ich kann es ohne Abhängigkeiten von Dritten selbst hosten. Zugleich profitiere ich davon, dass Sicherheitslücken und Bugs schneller von der Community entdeckt werden als bei proprietären Lösungen. Und an alle, die auf die Sicherheitsstandards von WordPress schimpfen: Selbst die Website des Weißen Hauses ist mit diesem CMS programmiert, also come on!
Fazit
Technisch lässt sich noch tiefer in die nachhaltige Optimierung von Websites einsteigen. Und wer von Ihnen einen Techi im Haus hat, sollte das auch. Einfach, weil es geht. Mir ging es darum aufzuzeigen, wie auch interessierte Laien mit verhältnismäßig wenig Aufwand viel bewirken können. Grünes Hosting, Reduzieren von Datenvolumen sowie die Förderung von Datenschutz und Datensouveränität kann jeder anwenden. Wenn Sie mögen, können Sie die am Ende vorhandenen Emissionen noch finanziell kompensieren.
Nachdem ich früher jahrelang Websites für Kunden und für meine Agentur konzipiert und gepflegt habe, fühle ich mich ein bisschen, wie wenn ich von Junk Food auf Vollwertkost umgestiegen wäre – einfach, weil ich es früher nicht besser wusste und es mir auch niemand gezeigt hat: Jetzt weiß ich, was drin ist, verstehe meine eigene digitale Umwelt und entscheide mich bewusst für oder gegen eine Lösung. Gut aussehen tut das Ergebnis obendrein auch noch 😊.
Neugierig, wie hoch der ökologische Fußabdruck Ihrer Website ist? Hier geht es zum Emissionsrechner!